Die vielen lustigen Streiche des „tollen Bomberg“ können nirgends durch Quellen belegt werden. Wahrheit und Dichtung gehen sehr durcheinander. Wohl finden sich im Stadtarchiv Münsters noch ellenlange Rechnungen, vor allem von dem Gastronom Louis Midy, bei dem der Baron Stammgast war. Sie belegen das Bild des großzügigen, trinkfreudigen und übermütigen Barons mit ausschweifenden Lebenswandel. Nicht nur “Champagner und Cigarren“ sind aufgeführt, sondern auch Beträge für „MusikCapellen“ und zerschlagenes Porzellan.
Noch reichlich vorhanden sind auch Akten über den Entmündigungsprozess aus den Jahren 1881 und 1882 vor dem münsterschen Landgericht, den zwei Vettern des Barons angezettelt hatten: „Es ist notorisch, daß unser geachteter Vetter von Romberg sehr dem Trunk ergeben ist und auf die unsinnigste Weise sein Vermögen vergeudet.“ Oft, so beschwerten sie sich, „läßt er in Münster, Dortmund und verschiedenen Orten ganze Nächte über eine vollbesetzte Musik-Capelle für sich allein spielen und tractiert dabei nicht allein sämtliche Musikanten, sondern auch sämtliches hinzukommendes Publikum auf übertriebene Weise mit Champagner.“
Der Prozess endete mit der Ablehnung des Antrages. Der Rechtsanwalt konnte nachweisen, das der „tolle Bomberg“ so reich war, daß er die „Puppen tanzen lassen“ konnte.
Die Hochzeitsreise des Barons soll auf eine ganz besondere Weise stattgefunden haben. Seine junge Frau hatte sich beschwert, noch nichts von der Welt gesehen zu haben. Der Baron ließ also anspannen. Vier prächtige Apfelschimmel zogen die Kutsche.
Die Fahrt ging ab Boeselagerschen Hof in Münster, wo man standesgemäß gefeiert hatte, rund um die Promenade, über den Domplatz zur Telgter Straße und dann weiter nach Handorf. Hier stieg man auf der Boniburg des Grafen von Hatzfeld ab. Als Hochzeitsgeschenk gab es einen Papagei, der in die Kutsche gepackt wurde
Dann fuhr man weiter nach Gievenbeck, Mecklenbeck, Amelsbüren, Hiltrup, Angelmodde, auf Nienberge zu, nach Roxel, Albachten, Ottmarsbocholt, Davensberg, Rinkerode, Albersloh, Wolbeck, Telgte, Greven, Altenberge und Havixbeck – alles kleine Vororte von Münster. Die Hochzeitsreise endete schließlich auf Schloß Buldern.
In jedem der münsterländischen Dörfer, wo der Wagen hielt, übergab die Bevölkerung einen Vogel als Hochzeitsgeschenk. Natürlich hatte der Baron das vorher vereinbart. Und so kam die junge Frau außer zu dem Papagei noch zu einem Kanarienvogel, zu einem Buchfinken, zu einem grasgrünen Zeisig, zu einer Bachstelze, zwei Fliegenschnäppern, einer Meise, einem Starenpärchen und zum guten Schluß noch zu einem klappernden Storch.
Erst ganz langsam dämmerte es der Baronin, daß ihr frischangetrauter Gemahl sie zum Narren gehalten hatte. Nicht nur die Vögel waren gestellt. Die große Hochzeitsreise führte auch nur viermal rund um Münster herum. Und der Jubel der Leute unterwegs war wohl eher Hohngelächter, das einer tief empfundenen Schadenfreude entsprang.
Immer wieder erzählt werden auch die Geschichten, wie der „tolle Bomberg “ auf dem münsterschen Send mehrere Porzellanstände zerdepperte, und wie er hoch zu Roß im Cafe Midy die Kaffeetafel übersprang,
Als ehemaliger Kavallerieoffizier bediente sich Bomberg zur Fortbewegung über größere Strecken vorzugsweise des Pferdes, entweder im Sattel oder in der Kutsche. Seine reiterlichen Fähigkeiten waren so enorm, daß er mit einem Elitepferd, das ihn 10.000 Taler gekostet hatte, im Cafe Midy eine schmale Treppe zum ersten Stock nahm und dann im eleganten Sprung über die Tischreihen setzte. Was seinen Freund, Professor Dr. Hermann Landois, den Gründer des Zoos, zu der trockenen Bemerkung veranlaßte: „Kiek, da kümmt dat Rostbäff“.
Mit dem münsterschen Polizeipräsidenten hatte er naturgemäß ständigen Ärger.
Als in Münster die Tollwut herrschte und deshalb eine allgemeine Hundesperre ausgesprochen war, stolzierte der „tolle Bomberg“ mit einem ruppigen und struppigen Köter mitten durch die Stadt. Er erhielt eine schwere Strafverfügung, die jedoch bald zurückgenommen wurde, als er zweifelsfrei nachwies, daß es sich nicht um einen Hund, sondern um einen gezähmten Wolf gehandelt hatte. Und auf Wölfe traf die Polizeiverordnung nicht zu.
Der „tolle Bomberg“ leistete sich seine Streiche vor allem auf Kosten des Adels. Wenn er einmal dem einfachen Volke Schaden zuführte, ließ er die Rechnung von seinem Rentmeister großzügig begleichen.
Im westfälischen Landtag hatte es zu der Zeit hitzige Debatten über die Vorrechte des Adels gegeben. Ein Ausspruch erregte dabei das Volk ganz besonders: „Der westfälische Adel steigt nicht ins Volk herab!“
Der “tolle Bomberg” fuhr am nächsten Morgen sechspännig am münsterschen Prinzipalmarkt vor, hielt vor einem Friseurladen und ließ sich hoch oben auf dem Kutschbock rasieren. Als die Prozedur beendet war, wurde der Zuschauermenge, die sich staunend versammelt hatte, lauthals verkündet: „Der westfälische Adel steigt nicht ins Volk herab!“
Das war herbe Kritik am ersten Stand der damaligen Zeit. Der „tolle Bomberg” hatte mit seinen Adelsgenossen fast permanent Krach. Seine Art zu leben, seine Freigiebigkeit und Großzügigkeit brachte viele Adelige in Rage. Doch Bomberg rächte sich.
Als der westfälische Adel in Bonn im Hotel „Zum Stern“ seinen Adelstag ohne den Baron Gisbert abzuhalten gedachte, erschien der Schelm wenige Stunden vor dem Termin im besagten Lokal, kaufte dem Besitzer das Haus mit allen Rechten ab, engagierte eine Rausschmeißerkolonne und ließ, als die Adeligen nach und nach eintrafen, kraft Hausrecht einen nach dem anderen die Treppe hinunterwerfen.
Nach Bonn fuhr Bomberg mit der Eisenbahn, und auch in späteren Jahren benutzte er das Dampfroß, wenn er von seinem Landschloß Buldern im Kreis Coesfeld nach Münster, in die westfälische Hauptstadt, zu reisen gedachte. Das Handicap, daß Buldern keine Bahnstation hatte, wußte er zu beseitigen. Auf jeder Heimfahrt zog er in Buldern die Notbremse und zahlte, ohne mit der Wimper zu zucken, 30 Reichsmark Strafe. Die Eisenbahn gab nach: Buldern erhielt einen Bahnhof.